Argument 16
Digitalisierung: Risiken im Auge behalten, Chancen zukunftsträchtig fördern
Die Digitalisierung zieht in alle Lebensbereiche ein: Menschen, Maschinen und Produkte werden digital miteinander vernetzt. Aber was bedeutet das für unser Zusammenleben, für die Demokratie, für eine nachhaltige Wertschöpfung? Welche Chancen stecken in der Digitalisierung und welche Risiken müssen wir beachten?
Digitale Lösungen bieten große Nachhaltigkeitspotenziale. Aber digitale Geschäftsmodelle, Streamingdienste, die Produktion und Entsorgung digitaler Geräte, der Betrieb von Rechenzentren und Netzen verbrauchen selbst sehr viel Energie- und Ressourcen. Wie also kann die Digitalisierung so gestaltet werden, dass sie Energie- und Ressourcenverbräuche reduziert, statt sie weiter anzuheizen? Das untersucht ein aktuelles Forschungsprojekt der TU Berlin.¹ Das Wuppertal-Institut hebt in einer Studie die Chancen vor allem in den Bereichen Ressourceneffizienz, Verkehr sowie Ernährung hervor. So könnten Produktdaten in einem „Circular Economy Data Space“ gesammelt und analysiert werden, schreiben die Forschenden.² Mit digitalen „Produktpässen“ können nicht nur Stoffkreisläufe geschlossen, sondern auch Lieferketten lückenlos nachverfolgbar werden. Solche Produktpässe werden u.a. im Baubereich bereits entwickelt und erprobt. Zentrale Datenbanken, wie Madaster, machen verbautes Material als sekundären Rohstoff nutzbar, Gebäude werden zu Rohstofflagern.³
Mobiler durch Digitalisierung
Im Verkehrsbereich können umweltfreundliche Verkehrsträger intelligent verknüpft oder Verkehrsströme effizient gelenkt werden. Die verkehrsträgerübergreifende Open-Data-Plattform MobiData BW bündelt bereits heute die Mobilitätsdaten des Landes Baden-Württemberg.⁴
Digital informiert: besser und einfacher
Digitale Tools können zudem Verbraucherinformationen verbessern und Ernährungsgewohnheiten positiv beeinflussen. Lebensmittelabfälle können deutlich reduziert werden. Und auch bei der Bewirtschaftung der Felder kann die Digitalisierung positive Beiträge für eine nachhaltige Entwicklung leisten. Schon heute nutzen viele Landwirt*innen Bodensensoren oder Drohnen, allerdings stehe dabei heute nur selten der Erhalt von Biodiversität und Ökosystemen im Fokus, stellt eine Studie des IÖW fest.⁵ Hier gebe es noch große Potenziale, die genutzt werden sollten.
Chancen und Risiken im Blick haben
Durch die Digitalisierung werden demokratische Prozesse partizipativer, transparenter und effizienter.⁶ Mehr Menschen können mehr Wissen teilen. Aber Menschen hinterlassen auch digitale Spuren. Ohne explizite Zustimmung sammeln Tech-Konzerne persönliche Daten der Nutzer*innen und missbrauchen sie für ihre Geschäftsinteressen. Algorithmen beeinflussen, was wir im Internet wahrnehmen. Die Whistleblowerin Frances Haugen macht auf die großen Gefahren im Metaverse aufmerksam. Facebook schwäche die Demokratie, spalte die Gesellschaft und sei eine Gefahr für Kinder, sagt sie.
Digitale Grundversorgung gehört zur Daseinsvorsorge
Dies bedeutet in Analogie zur Wasserversorgung, dass das Sicherstellen der Grundversorgung mit offenen Daten und Datenzugängen in staatlicher Verantwortung liegen und nach den Regeln eines demokratischen Gemeinwesens zuverlässig gewährleistet werden muss. Offene Daten könnten so zu Transparenz, Informationsfreiheit und Bildungsgerechtigkeit beitragen. Hierfür müssten die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden.⁷ Die Digitalisierung bietet Potenziale für mehr Nachhaltigkeit, aber sie birgt sie auch Gefahren des Datenmissbrauchs. Offene Daten sind deshalb eine demokratische Notwendigkeit.
Mehr zum Argument
Risiken der Digitalisierung im Auge behalten
Chancen durch kluge politische Strategien und gesetzliche Rahmenbedingungen fördern.
Quellennachweise
- Technische Universität Berlin (2023): Digitalisierung und sozial-ökologische Transformation (aufgerufen 29.06.2023)
→ Zur Quelle - Wuppertal Institut (2021): Digitalisierung gestalten – Transformation zur Nachhaltigkeit ermöglichen: eine Studie im Auftrag von Huawei Technologies Deutschland GmbH (aufgerufen 29.06.2023)
→ Zur Quelle - Madaster (2023): Increasing the value of materials (aufgerufen 29.06.2023)
→ Zur Quelle - MobiData BW (2023): (aufgerufen 29.06.2023)
→ Zur Quelle - Kliem, Lea et al. (2023): BfN Schriften 645 (aufgerufen 29.06.2023)
→ Zur Quelle - Onopica online-participation (aufgerufen 29.06.2023)
→ Zur Quelle - von Franqué, Friederike; Kaufmann, Stefan (2022): Daten als öffentliche Infrastruktur – Impulse für den Rechtsanspruch auf Open Data (aufgerufen 29.06.2023)
→ Zur Quelle
Alle 16 Argumente in der Übersicht
1.
Von Erfolgen und Krisen: Deutschland vor entscheidenden Weichenstellungen
2.
Gestaltungsräume nutzen: Warum müssen ökonomisch, ökologisch, sozial und demokratisch zusammen gedacht (und gehandelt) werden?
3.
Zwischen BIP und ökologischem Fußabdruck: Die Debatte um die Messung von Wohlstand
4.
Die Energiewende: Chancen für Klimaschutz, Sicherheit und Wirtschaft
5.
Die wahren Kosten: CO2-Bepreisung und sozialer Ausgleich
6.
Kreislaufwirtschaft: Das Konzept für eine nachhaltige und regenerative Wirtschaft
7.
Green Finance: Wie man das Risiko im Finanzsektor verringert und ihn nachhaltiger macht
8.
Strukturwandel 2.0: Die Transformation zur nachhaltigen Wirtschaft
9.
Beispiel Autoindustrie: Wie kann die Transformation einer Schlüsselbranche gelingen?
10.
Beispiel Stahlindustrie: Wie kann die Transformation der sehr energieintensiven Stahlproduktion gelingen?
11.
Beispiel Landwirtschaft: Wie kann unsere Ernährung nachhaltig gesichert werden?
12.
Wertschöpfung: Die Verbindung der Region mit dem globalen Gemeinwohl
13.
Arbeitsmarkt: Wie ist die Lage?
14.
Deutscher Sozialstaat: Wie gewährleisten wir soziale Sicherheit?
15.
Daseinsvorsorge: Öffentliche Infrastrukturen für ein Wirtschaften mit Zukunft
16.
Digitalisierung: Risiken im Auge behalten, Chancen zukunftsträchtig fördern