Argument 4

Die Energiewende: Chancen für Klimaschutz, Sicherheit und Wirtschaft

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eines der Kernprojekte des sozial-ökologischen Umbaus. Der Umstieg auf Energie aus Wind und Sonne macht uns unabhängiger von Importen, schafft neue Jobs und bietet Unternehmen neue Perspektiven. Die erneuerbaren Energien sind bereits heute ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für Deutschland. Etwa 344.100 Menschen arbeiten aktuell in der Branche – mit steigender Tendenz.¹ 

Der Umbau unserer Energieversorgung von fossilen zu erneuerbaren Quellen ist nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für unsere Sicherheit und Wirtschaftskreisläufe zentral. Deshalb werden viele Bereiche, wie Autos und Heizen, umgestellt – von fossilem Öl und Gas auf (grünen) Strom und andere erneuerbare Ressourcen. Klar ist: Wir werden künftig sehr viel mehr Strom brauchen als bisher. Aber wieviel? Die Prognosen schwanken zwischen jährlich 450 bis zu 800 Terawattstunden zusätzlichem Strombedarf im Jahr 2050 gegenüber heute.² Zum Vergleich: verbrauchte Deutschland rund 2022: 484 Terawattstunden. Und nur rund 46 Prozent davon waren erneuerbar.³ Dem Klima, unserer Sicherheit und unserem Wohlstand nützt diese Energiewende vor allem dann, wenn die Energie regional bei uns grün produziert wurde. Mit dem Umstieg auf regenerative Energien aus Wind und Sonne orientieren wir uns an dem, was uns die Natur zur Verfügung stellt – ohne Ressourcen dauerhaft zu verbrauchen.

Entscheidend: Bau von Wind- und Photovoltaik-Anlagen

In unserem Interesse müssen wir daher sehr viel schneller mit dem Bau von Wind- und Sonnenstromanlagen vorankommen. Gelingen soll dies u.a. durch beschleunigte Genehmigungen von Windparks.⁴ Bis 2032 sollen 2 Prozent der Fläche Deutschlands für Windräder verfügbar sein.⁵ Derzeit sind es nur 0,8 Prozent, und längst nicht alle diese Flächen werden tatsächlich genutzt. Grund sind meist örtliche Widerstände. Durch Reformen des Planungs- und Naturschutzrechts soll das überwunden werden. So entfallen in bereits ausgewiesenen Wind-Standorten künftig erneute Umweltverträglichkeits- und Artenschutzprüfungen, was auf heftige Kritik der Umweltverbände stößt.⁶ 

Menschen an den Vorteilen der Energiewende beteiligen

Entscheidend ist auch, die Menschen vor Ort an den Chancen der Energiewende zu beteiligen. So sind Projektträger von Windparks in Mecklenburg-Vorpommern dazu verpflichtet, Anwohner*innen und Kommunen zu mindestens 20 Prozent zu beteiligen.⁷ Zudem wollen viele Kommunen die Energieversorgung in die eigene Hand nehmen, um sie gemeinwohlorientierter und klimafreundlicher gestalten zu können. Bürgerenergiegemeinschaften machen aus Stromkunden Energieproduzenten, und Mieterstrommodelle lassen auch Menschen mit schmalem Geldbeutel unmittelbar profitieren. Projekte, wie „bewirk.sh“, entwickeln, erproben und evaluieren Ansätze für den Ausbau erneuerbarer Energien auf der Basis von Bürger-Klima-Netzwerken.⁸ 

Energie-Import weiter notwendig

Aber auch wenn mehr grüne Energie produziert wird und wir unseren Energiebedarf runterfahren, wird Deutschland auch künftig Energie importieren müssen. Grüner Wasserstoff aus den sonnenreichen Ländern des globalen Südens soll diesen Energiebedarf stillen. Diese Strategie ist nicht unumstritten. NGOs und Aktivist*innen warnen vor einem CO₂-Kolonialismus. Welche entwicklungspolitischen und sozial-ökologischen Risiken bestehen und wie mehr Klimagerechtigkeit erreichbar ist, untersucht z.B. das Forschungsprojekt H2POLITICS anhand von Fallstudien in Marokko, Chile und Südafrika.⁹ 

Mehr zum Argument

Energiewende

Bürgerstrom durch Sonnenenergie auf Parkplätzen.
Mehr dazu: Podcast Böll.Regional „Wirtschaften mit Zukunft“: Energiewende durch Bürgerstrom. 

Quellennachweise

  1. Umweltbundesamt (2022): Indikator: Beschäftigte im Bereich Erneuerbare Energien (aufgerufen 14.06.23)
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  2. Fraunhofer IWES (2015): Wie hoch ist der Stromverbrauch in der Energiewende? Energiepolitische Zielszenarien 2050 – Rückwirkungen auf den Ausbaubedarf von Windenergie und Photovoltaik (aufgerufen 14.06.23)
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  3. Statista (2022): Nettostromverbrauch in Deutschland in den Jahren 1991 bis 2021 (in Terawattstunden) (aufgerufen 14.06.23)
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  4. Agora Energiewende (2023): Raus aus der Flaute: Wie der Ausbau der Windkraft an Land beschleunigt werden kann (Quelle nicht angegeben)
  5. Die Bundesregierung (2023): Mehr Windenergie für Deutschland (aufgerufen 14.06.23)
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  6. Bundesministerium für Umwelt, Natur, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2023): Bundeskabinett beschleunigt naturverträglichen Windkraft-Ausbau deutlich (aufgerufen 14.06.23)
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  7. Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit Mecklenburg-Vorpommern (2016): Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz (aufgerufen 14.06.23)
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  8. Bewirk (2023): (aufgerufen 14.06.23)
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  9. Universität Hamburg (2023): H2POLITICS, Risiken der deutschen Wasserstoff-Importstrategie für den Globalen Süden (aufgerufen 14.06.23)
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